Neustadt, 12. August 2022 – Sprichwörtlich um den Erntelohn einer ganzen Anbausaison gebracht, sehen sich aktuell die 280 Erzeuger von „Pfälzer Grumbeere“. Da der Umstieg auf die neue Ernte von „Pfälzer Grumbeere“ nicht überall im Handel wie geplant klappte und darüber hinaus immer noch von einigen Supermarktketten Auslandsware in XXL-Säcken beworben und angeboten wird, ist die diesjährige Frühkartoffelernte im Südwesten nur sehr schleppend gelaufen.
In Erwartung einer verlässlichen Ernteabnahme haben Erzeuger Kostensteigerungen vorfinanziert
Angesichts der prekären wirtschaftlichen Lage vieler Mitgliedsbetriebe zieht die Erzeugergemeinschaft „Pfälzer Grumbeere“ eine entsprechend ernüchternde erste Erntebilanz. Anlässlich des Endes der heimischen Frühkartoffelkampagne sagt Hartmut Magin, Vorsitzender der Erzeugergemeinschaft „Pfälzer Grumbeere“: „Über die letzten Monate haben wir – genau wie unsere Kollegen in anderen Anbauregionen – mit Herzblut dafür geackert, damit wir die bundesweite Versorgung mit ackerfrischen und nah am Verbraucher erzeugten Frühkartoffeln gewährleisten können. In Erwartung fairer Preise und einer verlässlichen Ernteabnahme haben die Erzeuger von ,Pfälzer Grumbeere‘ inflationsbedingte Kostensteigerungen von rund 30 Prozent vorfinanziert.“
Nicht alle Ketten im LEH stellen während der Frühkartoffelernte auch auf heimische Ware um
Anders als in den Vorjahren wurde die Umstellung von ausländischer Ware auf die traditionell ersten Frühkartoffeln aus deutschem Anbau nicht von allen Anbietern im LEH vollzogen. Parallel zur heimischen Frühkartoffelernte kamen von Mitte Juni bis zum 10. August sehr große Mengen ausländischer Frühkartoffeln auf den Markt. Dies führte dazu, dass die Erzeugerpreise für inländische Kartoffelbauern unter Dauerdruck standen. Der durchschnittliche Erzeugerpreis von 42 Euro für den Doppelzentner lag in dieser Saison 5 Euro unter dem entsprechendem Vorjahrespreis! Hartmut Magin erklärt: „Die Kombination aus höheren Kosten, deutlich weniger Erntemengen und geringeren Erlösen führen zu einer unbefriedigenden Ertragssituation für viele Erzeugerbetriebe!“
Lösungen für die Saison 2023 sind gefragt, denn Deutschland droht auch beim Grundnahrungsmittel Kartoffel vom Selbstversorger in die Abhängigkeit vom Ausland zu rutschen!
Folgerichtig machen sich viele Kartoffelbauern Sorgen um ihre Zukunft und stellen die „alles entscheidende“ Sinnfrage nach der Zukunft des Anbaus vor Ort! Johannes Zehfuß, stellvertretender Vorsitzender der Erzeugergemeinschaft „Pfälzer Grumbeere“ ergänzt: „Wenn nachhaltig und saisonal bei uns in der Pfalz angebaute Kartoffeln nicht einmal einen kostendeckenden Erzeugerpreis im Markt erzielen, kann das nicht im Interesse von Handel, Verbrauchern und uns Erzeugern liegen. Denn welcher heimische Kartoffelerzeuger kann und wird unter diesen Voraussetzungen weiter Kartoffeln in der Region anbauen können?“ Angesichts steigender Diesel- und Frachtraten auch weiterhin auf „scheinbar preiswerte“ Kartoffeln aus dem Ausland zu setzen, ergibt auch hinsichtlich der CO2-Bilanz wenig Sinn. Damit sich Deutschland beim lebenswichtigen Grundnahrungsmittel Kartoffel nicht vom Selbstversorger zum preisabhängigen Bittsteller für Auslandsware mit langen Transportwegen wandelt, sind deswegen jetzt Antworten und Lösungen gefragt.
XXL-Aktionen sorgen dafür, dass „Pfälzer Grumbeere“ nicht rechtzeitig aus dem Boden kommen!
Während die Verbraucherpreise für Speisekartoffeln in diesem Jahr weitestgehend auf dem Vorjahresniveau liegen, sind die Erzeugerpreise für Frühkartoffeln deutlich gesunken. Johannes Zehfuß: „Wir brauchen ein klares Signal und eine neue Wertschätzung für den heimischen Anbau. Unserer Ansicht nach kann es nicht sein, dass XXL-Aktionen mit Ware aus dem Nahen Osten in 7,5-kg- Säcken dafür sorgen, dass heimische Kartoffeln im Acker verrotten müssen und sich – entgegen jeder Vernunft – nicht auf den nächsten und direkten Weg zum Verbraucher machen können! Deswegen haben wir gemeinsam mit unseren Kollegen in Baden-Württemberg die betreffenden Marktpartner im LEH jetzt in einem Brief um eine Stellungnahme gebeten.“
Einige Supermarktketten nehmen ihren Kunden jede Chance, den Anbau vor Ort zu unterstützen
Marktbeobachtungen zufolge hatten Kunden dieser Ketten keine Wahl. Es wurden – während die Frühkartoffelernte lief und bundesweit Top-Qualitäten erntebereit waren – ausnahmslos ausländische Kartoffeln angeboten!
Da im Südwesten weniger gerodet wurde, drohen jetzt durch Fressfeinde im Boden weitere Ernteverluste: Die Gesamterntemenge zum Stichtag 10. August liegt weit unter Vorjahresniveau
Diese Entwicklung mit marktbedingten Erntepausen führte dazu, dass die Erzeuger von „Pfälzer Grumbeere“ bei der Räumung der Äcker in Verzug sind. Erhebungen zufolge wurden bislang im Südwesten – im Vergleich zum Ernteverlauf der Vorjahre – bislang entsprechend weniger „Pfälzer Frühkartoffeln“ geerntet. Aktuell steigt auch hier der Druck auf die Erzeuger: Da natürliche Fressfeinde im Ackerboden immer mehr Appetit auf die leckeren Bestände bekommen, drohen zeitnah weitere Ertragsverluste, was einer Verschwendung von kostbaren Lebensmitteln gleichkommt. Auf Grundlage der bisher gemeldeten Marktzahlen wird sich die Erntemenge, die bis zum traditionellen Stichtag der Frühkartoffel-Kampagne am 10. August gerodet wurde, deswegen auch unter dem Niveau von rund 90.000 Tonnen einpendeln.
Anbaufläche im größten zusammenhängenden Frühkartoffelanbaugebiet Deutschlands konstant
Die Anbaufläche in der Pfalz und Rheinhessen liegt mit rund 4.000 ha auf dem Vorjahrsniveau. Damit ist der Südwesten das größte zusammenhängende Frühkartoffel-Anbaugebiet in Deutschland. Das Hauptanbaugebiet liegt zwischen Speyer und Gimbsheim – nördlich von Worms. Auf dem diesjährigen Erntehöhepunkt erreichte die Rodemenge – lediglich an einigen Spitzentagen – die Marke von 2.000 Tonnen. In einem normalen Saisonverlauf werden täglich über Wochen bis zu 3.000 Tonnen „Pfälzer Grumbeere“ geerntet.